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VII.

Nach zwanzig Jahren.

Zwanzig Jahren sind entschwunden,
Seit vom heimatlichen Thal
Bellrem war nach Rom gewandert
Dort zu sühnen Schuld und Qual.

Zwanzig Jahre sind entschwunden,
Als in seiner Väter Schloß
Bellrem führt zwei frische Knaben
Und ein blühend Ehgenoß.

Zwanzig Jahre sind entschwunden;
Kaiser Friedrich auch ist tod,
Wegen dessen Strenge Bellrem
Aß so lange fremdes Brot.

Zwanzig Jahre sind entschwunden,
Während welcher auch sein Schloß
Ward erstürmt von Volberts Freunden
Und zerstört von ihrem Troß.

Zwanzig Jahre sind entschwunden,
Schöner steht sein Schloß erbaut
Von Ambrosius, dem Schirmvogt,
Dem er´s weislich angetraut.

Zwanzig Jahre sind entschwunden
Und in´s frühlingsschöne Thal
Blickt er einsam nimmer nieder;
Bei ihm steht sein treu Gemahl.

Und sein Weib in blüh´nder Schöne
Und der Söhne kräft´ges Paar -
Reichen sie nicht Lust und Hoffen
Ihm durch ihre Liebe dar? -

Nicht entschwand in zwanzig Jahren
Seiner Schuld Erinnerung.
Bellrem selbst ist alt geworden:
Seiner Reue Gram blieb jung.

Aus den Armen seines Weibes
Scheucht ihn oft ein Schatten fort,
aus der Kinder munterm Plaudern
Trifft´s ihn oft wie Donnerwort!

Nicht des reichen Klosters Stiftung
Das er Reichertshofen hieß,
Nicht des Priesters Wort, das reiche
Absolution erließ;

Nicht die Büßerfahrt zum Papste
Nicht sein Mönchsdienst und Gebet,
Nicht die Büßungen, die freudig
Auferlegt sich der Ascet;

Konnten jene Schrift erlöschen,
Welche in des Herzens Buch
Sengend seine Schuld gegraben,
Als Finale ihren Fluch!

Eingewiegt in Friedensträumen
Vaterfreuden, Gattenglück,
Wecken grinsende Dämonen
Ihn mit teuflisch wildem Blick.

Da faßt die gehetzte Seele
Wüthend Selbstverklagen an,
Und er rast in düstern Stunden
Aerger, als er je gethan.

Selbst des Lehrers Wort kann nimmer
Bändigen des Ritters Pein.
Kränker nur nach zwanzig Jahren
Ist Bellrem von Weißenstein.

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