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IV.

Die Gäste.

Das Horn erklang und staunend
Die Gäste rings sich reih´n,
Da treten zwei hohe Gestalten
Mit heiterm Gruße ein.
Ein jugendlicher Ritter,
Ein Weib an seiner Hand
Schön wie die Houristöchter
Aus Mahom`s Märchenland.

Die Gäste freundlich grüßend
Zum Pfalzgraf der Ritter tritt;-
- Und eine Freudenzähre
Aus jedem Aug´ da glitt -
Als da der blühende Jüngling
Sank an des Alten Brust.
Sie sprachen nichts, sie bebten
Allein in Lieb´ und Lust.

Kennst du die heilige Stunde,
Die an das sehnende Herz
Den Freund führt, den treuen, wahren
Nach langer Trennung Schmerz?
Du bebst und dich umflüstert`s
Wie süßer Flötenschall.
Du fühlst nur Liebe, die Liebe
lebt einzig für dich im All.

Vergebens willst du sprechen,
Du findest Worte nicht,
Die heiße zitternde Zähre
Allein, allein nur spricht.
Es ist ein Andachtschauern
Im Herzen wunderdar:
Dies bringt dem Urgeist der Freude
Dankpsalmen jubelnd dar.

So standen die beiden Freunde
Verschlungen Brust an Brust:
Zwei Bäume, die ihre Zweige
verweben in Jugendlust.
Der eine gleicht dem alten
Sturmfesten Eichenbaum,
Der andere der schlanken Birke
In grünendem Frühlingstraum.

Da hob sich endlich der Alte
Aus Volberts Armen auf,
Und auf die hehre Jungfrau
Sah er mit Staunen drauf.
Stolz wie des Libanons Zeder
In malerischem Gewand
Stand vor dem Alten Zuleima,
Die Tochter vom Morgenland.

Ihn grüßt ihr dunkles Auge
Wie lockend Sternenlicht,
Erglühend wie Sarons Rose
Ihr edles Angesicht.
Hervor aus schneeigem Turban
Quillt schwarze Lockenpracht,
Die um die Wangen schmeicheln
Läßt ihre reiche Pracht.

"Ja alter Freund, dies Mädchen
Ist meine liebe Braut.
Wenn uns der Vater gesegnet
Dann werden wir getraut.
Rom gab das Kreuz der Türkin,
Die Christi Lehr` erkannt.
Nun ziehen wir zum Vater,
Dem Boten wir gesandt.

Wie Asien und Europen
In lieblichem Verein
Wie Eiche und wie Palme,
Wie Frühroth und Mondlichtschein,
So stand mit freundlichem Lächeln
Beim Graf das stolze Paar.
Da brachten die anderen Gäste
Viel liebe Grüße dar.

Kuno und Adelaide
Sie können in Worten nicht
So freudig ihr Grüßen künden,
Als es im Herzen spricht.
Und auf des Greisen Antlitz
Wie Sonnenschein es lag,
Die Beiden jubelnd küssend
Prieß er den schönen Tag!

Nur einen gab es wieder,
Den traf die Lust wie Schmerz,
Und unter allen Gästen
War elend nur dies Herz.
Es ist der Weißensteiner,
Der, da sich Alles freut,
Wie eine Mörderseele
Das Licht zu schauen scheut.

Sieh`! seine grassen Züge,
Verzerrt in wilder Qual!
Sein weingluthflammend Antlitz,
Wie ist es worden fahl!
Wie frostige Fieberschauer
Packt wild es seinen Leib,
Betrachtet er den Ritter,
Das junge, schöne Weib.

Aufstehen will er schnelle,
Doch es gelingt ihm nicht,
Da eine starre Ohnmacht
Die Kraft der Glieder bricht.
Schweißtropfen decken sein Antlitz,
Es fröstelt ihm im Genick.
Auf eine einz´ge Stelle
Stiert glanzlos stets sein Blick.

Noch hatte der Gäste Keiner
Des Weißensteiners Acht;
Nur Konrad hat mit Unruh
Sein seltsam Thun bewacht.
"Fort, fort! hinaus ins Freie!"
Rief er dem Ritter zu.
Doch der blieb stumm, verharrend
In todtengleicher Ruh.

Gewaltsam riß er den Ritter
Von seinem Sitz empor;
Doch der sank wieder nieder
So starr als wie zuvor.
Da kam der alte Pfalzgraf
Gegangen zur selben Frist.
Er hatte den Weißensteiner
Schon längst um sich vermißt.

"Beim Teufel Ritter! wo steckt Ihr!"
Rief unter Lachen er,
Und fröhlich auf Volbert weisend:
"Kennt ihr den Freund nicht mehr?"
Doch kaum erblickte Volbert
Des Weißensteiners Gestalt
Entriß er das Schwert der Scheide
Mit wilder Zornesgewalt.

Und kaum erblickte Zuleima
Den Ritter, als sie bleich
Und leblos sank zu Boden,
Gebrochner Blume gleich.
Es sprang bestürzt der Pfalzgraf,
Das Brautpaar eilt herbei.
Zur Hilfe erbot sich alles,
Wann Hilfe zu schaffen sei.

Zurück aber donnert sie Volbert:
"Laßt liegen sie, wie sie liegt!
Bald wird sie wieder erwachen,
Bald hat sie den Schmerz besiegt.
Dein Werk ist´s Weißensteiner,
Elender Bube du!
Vor allen diesen Gästen
Werf ich dies Wort dir zu!

Und Rechenschaft will ich fordern
Vor dir im Vaterland,
Die du Giftmischer verweigert
Mir hast an Joppe´s Strand!"
Er donnert es zu dem Ritter
Sein Blick ist blitzende Wuth.
Und Rache pocht sein Herze!
Sein zuckend Schwert heischt Blut.

Doch Alles dies hört Bellrem,
Beachtete er nicht;
Schweißtropfen rinnen nur öfter´s
Ihm über´s Angesicht.
Wie ein Scheintodter vergebens
Nach Lebensregung ringt,
Sucht er sich zu erheben,
Was nie ihm ganz gelingt.

Als hätte ein zündender Donner
Die Gäste allzumal
Gerührt, steh´n stumm sie und Stille
Des Todes herrscht im Saal.
"Erwachen wird Zuleima,"
Fährt Volbert düster fort,
"Sobald aus Ihrer Nähe
Verschwunden der Bube dort."

"Verkünden will ich der Heimath,
Was Du im Morgenland
Ruchloses hast ersonnen:
Schandthaten deiner Hand.
So lang sich noch regt meine Zunge,
Das Leben mich beseelt,
So lang werd` deine Schande
Von Burg zu Burg erzählt!"

Da schwoll die Zornesader
Auf des Vaihingers Stirn.
"Du wagst einen Ritter zu schimpfen
Ob einer verlaufenen Dirn!? -
Daß tausend Wetter dich schlügen
Kreuz, Hölle, Mord und Brand!
Rief er, als schon kampffertig
Er wüthend vor Volbert stand.

Bereit war schnell auch Volbert
Sein Schwert focht zorngemuth.
Hart dringt er ein auf Konrad
Er schlägt, er trifft ihn gut.
Und Konrad ist verwundet,
Als Beide man nun trennt
Und sich in wilden Worten
Der Gäste Zürnen nennt.

Und Konrad eilt zu Bellrem,
Er reißt ihn auf sogleich;
Wie eine Leiche saß er
Noch da so starr, so bleich.
Er reißt ihn aus dem Saale;
Mit ihrem ganzen Troß
Verlassen ohne Abschied
Die beiden alsbald das Schloß. -

Und hielt am Morgen die Freude,
Auch Abends sie hier Rast,
So ist ihr Rosenschimmer
Im Sturm der Nacht erblaßt.
Das trübe Intermezzo
Dringt geisterhaft sich ein.
Mit ganzer voller Seele
Kann niemand fröhlich sein.

Die Frauen sind verschwunden,
Die Ritter blieben nur
Mit Wein und Sang zu tilgen
Im Fest der Trauer Spur.
So blieben sie, bis der Morgen
In golden hellem Strahl
Vergoldete der Kämpen
Vollschäumenden Pokal.

Doch Volbert und Zuleima
Verließen vor Mitternacht
Das Schloß. Ein einz´ger Knappe
War ihre Wehr und Macht.
Zur Heimath, fort zum Vater
Rief sie der Sehnsucht fleh´n.
O ahnt Ihr, daß Euch nimmer
Erblüht das Wiederseh´n?

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